Neue Handreichung zu ChatGPT in Lehre und Studium

Benedikt Reuse | 9. März 2023

Was kann Künstliche Intelligenz? Was kann nur der Mensch? Diese Fragen stellen sich auch mit Blick auf die Lehre an der FernUniversität in Hagen. Auf das Potenzial und die Grenzen von ChatGPT geht jetzt eine neue Handreichung ein, die die Hochschule im Blog ihres Zentrums für Lernen und Innovation (ZLI) bereitstellt.

Die Mediendidaktiker Andreas Giesbert, Dr. Andreas Kempka und Alexander Sperl schaffen hiermit eine Orientierungshilfe für Lehrende. „Wir müssen uns als Uni auf jeden Fall mit dem Thema auseinandersetzen“, betont Sperl. „ChatGPT ist ja erst ein Vorgeschmack auf das, was uns noch im Bereich der KI erwartet.“ In Gesprächen sei schon bald der Mensch kaum mehr von der Maschine unterscheidbar. „Das müssen wir ernst nehmen – und unser menschliches Profil schärfen.“

Mediendidaktiker Alexander Sperl arbeitet im Bereich Lehr-Lern-Services der FernUniversität.

Aufklären und Transparenz schaffen

Wie also umgehen mit dem Bot? „Es gibt keine Patenlösung, die wir jetzt aufzeigen können“, räumt Sperl ein. Dennoch hofft er, dass sich Unsicherheiten und Berührungsängste abbauen. „Wir wollten mit unserem Beitrag erklären, wie ChatGPT funktioniert und was man damit machen kann. Gleichzeitig machen wir auch gegenüber den Studierenden transparent, dass wir ChatGPT auf dem Schirm haben.“ Immerhin gelte, sofern der Einsatz von ChatGPT nicht explizit erlaubt wurde, der prüfungsrechtliche Grundsatz: „Wenn jemand dabei erwischt wird, wie er ein unzulässiges Mittel bei einer Prüfung benutzt, ist das ein Täuschungsversuch.“

ChatGPT: Angaben ohne Gewähr?

Rein technisch sei es schon möglich, mit dem Bot in einer Klausur zu betrügen. „Wir wollen die Studierenden jedoch dafür sensibilisieren, dass es sich bei ChatGPT nur um eine Wahrscheinlichkeitsmaschine handelt.“ So sei die Trefferquote der Antworten zwar hoch, ein Bewusstsein darüber, ob ihre Antwort valide ist, habe die KI jedoch nicht. „Es handelt sich um zusammengestellte Texte, die plausibel wirken, aber nicht unbedingt richtig sind.“ Damit sei ChatGPT kein Zauberwerkzeug, sondern eher ein nützliches Tool unter vielen. „Es genügt ja zum Beispiel auch nicht eine Hausarbeit mit Wikipedia zu schreiben“, vergleicht der Didaktiker. Auch hier müssten Studierende tiefer einsteigen und andere Quellen hinzuziehen. „Trotzdem lässt sich ChatGPT genauso wie Wikipedia gut zum Einstieg in ein Thema benutzen.“ Mit dem Unterschied, dass Nutzende bei ChatGPT bereits Vorkenntnisse aus dem jeweiligen Themengebiet brauchen, um richtige von falschen Ausgaben zu trennen.

„Die wichtigste Kompetenz, die eine Uni vermittelt, wird in Zukunft das kritische Denken sein. Weil man immer wieder hinterfragen muss, was man an Texten bekommt und woher sie stammen, welche Quellen und Interessen dahinterstecken“

Kritisches Verständnis entwickeln

Das Autorenteam regt Lehrende wie Studierende dazu an, ChatGPT proaktiv und entdeckungsfreudig zu nutzen. Zugleich rät es aber auch zu einer gesunden Portion Skepsis. Eben hierin liege nämlich eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe von Hochschulen. „Die wichtigste Kompetenz, die eine Uni vermittelt, wird in Zukunft das kritische Denken sein. Weil man immer wieder hinterfragen muss, was man an Texten bekommt und woher sie stammen, welche Quellen und Interessen dahinterstecken“, so Sperl. Denn so viel ist klar: Künstliche Intelligenz spielt momentan vor allem nach ökonomischen Regeln, die große Techkonzerne vorgeben – von der Datenbasis bis zum Output. „Gerade ChatGPT ist mit einem gewissen Ziel verknüpft, und zwar, dass es für die Nutzenden als Produkt angenehm ist“, sagt der FernUni-Didaktiker. „Deswegen können wir uns mit dem Bot zum Beispiel auch nur bedingt auf einem theoretisch hohen Niveau streiten. Das sind durchaus Sachen, die noch bei den Menschen bleiben werden.“

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Alle Illustrationen auf den Themenseiten sind vom KI-Bildgenerator DALL-E 2 erstellt worden.