In den letzten Wochen und Monaten habe ich immer wieder die Gelegenheit gehabt, das Hagener Manifest vorzustellen: so beispielsweise an der Hochschule Esslingen, bei der Zeitschrift für Wissenschaftsmanagement, bei der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium, beim Weiterbildungskongress der PH Luzern und der Akademie für Erwachsenenbildung der Schweiz sowie in Teilen auch bei einer Veranstaltung des AStA der Universität Rostock und der Diversitas-Werkstatt des österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Alles Institutionen im Bildungsbereich, aber mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten. Weitere Veranstaltungen sind bereits zugesagt, das Interesse scheint also groß zu sein.
Ich freue mich darüber in mehrfacher Hinsicht. Einerseits, weil ich zeigen möchte, dass #NewLearning nicht nur mit Technik, sondern auch mit dem Mindset und der Haltung von Bildungseinrichtungen zu tun hat, andererseits, weil ich den Eindruck habe, dass gerade viele Aktivitäten entstehen, die sich unter #NewLearning sammeln lassen.
Warum
Für mich steht zunächst die Frage nach dem Warum im Mittelpunkt (ich empfehle hierzu die Lektüre von Start with why von Simon Sinek). Oftmals beantworten Hochschulen die Frage nach der Digitalisierung ihrer Lehre damit, was sie schon alles machen – also aufgezeichnete Vorlesungen, Videos, Podcasts etc. Diese Reihenfolge lässt Digitalisierung jedoch zu einem Selbstzweck werden, weil uns die Festlegung auf ein Format schon von vornherein einschränkt. Wir wissen oft eher, dass es eine Vorlesung sein soll als wie wir das eigentlich umsetzen wollen. Deshalb ist es lohnend, zuerst nach dem Warum zu fragen.
So finden sich in Leitbildern von Hochschulen Ziele wie die Ausbildung von Expert:innen, Ermöglichung von lebenslangem Lernen, Mehrung und Verbreitung des Wissens usw. – aus meiner Sicht alles sehr gute Antworten auf das Warum der Bildung und des Lernens. Unter den heutigen Rahmenbedingungen bedeutet dies jedoch auch: Weil wir uns in einem Transformationsprozess befinden, müssen wir digital und innovativ sein, um unser Warum überhaupt noch in angemessener Weise erfüllen zu können. Denn das Lernen hat sich verändert. Nicht der Lernprozess an sich, aber dessen Rahmenbedingungen wie, wann, wo, mit wem und was wir lernen.
Wie und Was
#NewLearning ist also nie das Warum, sondern es ist das Wie und gibt Anregungen für das Was, das dann letztlich eine Gestaltungsaufgabe der einzelnen Hochschulen ist und zwar je nach eigenem Kontext, eigenen Ressourcen etc. Das Hagener Manifest bietet hier einen aus meiner Sicht guten Anknüpfungspunkt, über Lernen und #NewLearning ins Gespräch zu kommen. Es beschreibt die Grundlagen für das Lernen in der digitalen Transformation, ermutigt die Bildungseinrichtungen aber, selbst aktiv zu werden. Es macht dabei keine Vorgaben, sondern stellt nur Impulse vor, an die individuell angeknüpft werden kann.
Der Seestern und die Spinne
Oftmals bekomme ich ein paar Tage nach den Vorträgen die Rückmeldung, dass sich an den einzelnen Institutionen nun eigene „NewLearning“-Gruppen gebildet haben oder Bildungseinrichtungen Tagungen und andere Austauschformate zu diesen Themen mit Studierenden durchführen. Ich muss dabei immer an den Seestern und die Spinne denken. In diesem Buch von 2007 beschreiben Ori Brafman und Rod A. Beckström Dezentralität am Beispiel der Anonymen Alkoholiker: Sie bieten sich gegenseitig Hilfestellung an, stehen aber nicht unter der Kontrolle einer übergeordneten Organisation. So können immer wieder neue Gruppen entstehen und inzwischen gibt es ein weltweites Netzwerk unter einer gemeinsamen Sache.
Initiativen vernetzen
Und so, denke ich, könnte es mit #NewLearning doch auch sein – dass es viele Initiativen gibt, die miteinander vernetzt am Lernen in der digitalen Transformation arbeiten und sich dazu austauschen, über Erfahrungen berichten, kritisch kommentieren, das Manifest erweitern und fortschreiben – und je nach individuellen Kontexten Formate und Ideen auf der Was-Ebene generieren. Ich freue mich, Teil dieser Community zu sein.
- Brafman, O., Beckström, R. A., & Brafman, O. (2007). Der Seestern und die Spinne: Die beständige Stärke einer kopflosen Organisation.
- Sinek, S. (2016). Frag immer erst: warum: Wie Führungskräfte zum Erfolg inspirieren. 2. Auflage. Redline.