Eine Videosprechstunde mit dem Hausarzt oder der Hausärztin. Eine Krankenkassenkarte, die nicht nur Name und Anschrift, sondern auch Befunde und Behandlungspläne speichert. Oder die elektronische Patientenakte. Diese digitalen Möglichkeiten gibt es längst im Gesundheitswesen, aber nicht in Deutschland – zumindest nicht flächendeckend. Bei uns geht es mit der Telemedizin nur schleppend voran, und das ist ein großes Problem. Warum und woran es hapert: Darüber spricht Eva Schulze-Gabrechten in dieser Episode von „Lernen neu denken“ mit Prof. Dr. Karolin Kappler und Günther Illert.
Prof. Dr. Karolin Kappler war bis Mitte letzten Jahres wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität in Hagen. Nach ihrer Promotion hat sie das Forschungsprojekt „Telemedizin. Quo vadis?“ am Forschungsschwerpunkt Arbeit, Bildung, Digitalisierung (ABD) ins Leben gerufen. Darin gehen Sie und Ihr Team auch der Frage nach, warum das medizinische Personal oft eher wenig Lust auf neue Technologien hat. Inzwischen hat Carolin Kappler eine Professur für Digitalität an der Katholischen Hochschule NRW.
Günther Illert hat seit mehr als 30 Jahren Erfahrung als Strategieberater. Er hat schon weit über 100 Transformationsprojekte begleitet, vor allem im Bereich Health Care und Life Sciences. Am ABD-Forschungsschwerpunkt der FernUni ist er als Feldvernetzter im Bereich Gesundheit tätig. Er ist Experte rund um die aktuellen Veränderungen in der Gesundheitswirtschaft und bringt seine Praxiserfahrung in die Wissenschaft am Forschungsschwerpunkt ein.
Das sagen Karolin Kappler und Günther Illert zu den aktuellen Chancen und Herausforderungen in der Telemdizin:
• Unser deutsches Gesundheitssystem fußt auf dem Solidargedanken. Und es fußt auch auf der Idee, dass wir ein selbstverwaltete Gesundheitssystem haben, also dass die Ärzte und die Krankenhäuser sich selbst organisieren. Wie sollen wir da unser Gesundheitssystem übergreifend gestalten? Und auch die föderale Struktur unseres Staates macht es sehr schwierig, flächendeckend Neues einzuführen (Günther Illert)
• Häufig funktioniert die Technologie nicht so, wie sie sollte. Zum einen, weil die Ärzt:innen nicht wirklich in die Entwicklung mit einbezogen werden. Zum anderen aufgrund von sehr banalen Dingen wie fehlendem WLAN auf der Station. Wir haben aber auch herausgefunden, dass die stark ausgeprägte Hierarchie in Krankenhäusern eine Hemmnis ist: Weil man sich über die Telemedizin, wenn man etwa bei Unikliniken um Rat fragt, dann auch zugeben muss, dass man vielleicht nicht alles weiß. (Karolin Kappler)
• Wir müssen viel stärker die Daten nutzen, die wir haben: Die Daten, die aus der Biologie und aus der Medizin kommen, die aus der Umwelt kommen. Und wir müssen die Daten miteinander in Beziehung setzen, um daraus zu erkennen: Was sind eigentlich die Auslöser von Krankheiten? Dann können wir an den Auslösern arbeiten und nicht mehr nur Symptome kurieren. Beim Bewältigen dieser Daten hilft KI. (Günther Illert)
• Die Digitalisierung könnte eine ganz große Assistenzfunktion haben, um Ärzten und Ärztinnen wieder die Zeit zu geben, die sie eigentlich für die Diagnose und Behandlung der Patientin brauchen. (Karolin Kappler)
Günther Illert gibt beim Berliner Symposium der FernUniversität in Hagen live Einblicke in seine Erfahrungen aus der Praxis und diskutiert mit weiteren Expert:innen die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt an Wirtschaft und Wissenschaft. Weitere Informationen zum Berliner Symposium und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.
Alle Folgen von „Lernen neu denken“ gibt es überall dort, wo es Podcasts gibt. Wir freuen uns über eine Bewertung und wenn Sie unseren Podcast abonnieren. Die bisherigen Folgen finden Sie auf unserer Podcast-Seite.
Wenn Sie auch der Meinung sind, dass lebenslanges Lernen wichtig ist, unterzeichnen Sie unser Hagener Manifest.
Neuigkeiten aus der FernUni lesen, Videos ansehen, Podcasts hören, Fragen stellen und Themen kommentieren geht natürlich auch auf unseren Social-Media-Kanälen. Folgen Sie uns auf Instagram, Facebook, X (Twitter), LinkedIn, Mastodon oder YouTube!